Ein Abschied ohne Worte. Das leise Ende.
- viktoria8183
- 15. Mai
- 1 Min. Lesezeit
Manche therapeutische Abschiede sind klar. Gemeinsam geplant, ausgesprochen, vielleicht sogar ein bisschen feierlich. Wir schauen zurück auf das, was sich bewegt hat, sagen Danke, ziehen Bilanz. Es gibt ein letztes Gespräch, ein letztes Lächeln – ein bewusster Schlusspunkt.
Und dann gibt es die anderen. Die stillen, offenen Enden. Wenn jemand nicht mehr kommt. Kein letzter Termin, keine Nachricht, kein Abschiedsgruß.
In solchen Momenten tauchen Fragen auf – ganz menschlich. Habe ich etwas übersehen? War es zu viel? Zu wenig? Hätte ich etwas anders machen können? Oder war es vielleicht genau richtig so? Vielleicht ging es dieser Person plötzlich gut genug, der Prozess hat gegriffen, das Leben hat übernommen. Vielleicht war der Ausstieg unbewusst ein Ausdruck von Autonomie. Vielleicht war es Zufall. Oder einfach ein stiller, eigener Weg.
Therapie ist eine besondere Beziehung. Es wird viel gesagt, viel gefühlt, oft mehr geteilt als sonst irgendwo im Leben. Und gleichzeitig: Sie findet in einem professionellen Rahmen statt.
Wie ein Prozess endet, kann ganz unterschiedlich aussehen. Es gibt kein "richtig" oder "falsch", kein festgelegtes Drehbuch.
Manchmal bleiben wir als TherapeutInnen mit offenen Fragen zurück. Manchmal auch nicht. Und vielleicht geht es auch den KlientInnen so – ob mit oder ohne Abschied.
Was bleibt? Eine Einladung, innerlich offen zu bleiben für all die Varianten, wie Menschen sich lösen, loslassen oder weitergehen. Ohne Bewertung.
Ein therapeutischer Prozess endet manchmal mit Worten – und manchmal eben mit einem leisen Punkt zwischen zwei Terminen.
Beides ist stimmig. Beides ist Ausdruck von Entwicklung, Stärke oder einfach einer persönlichen Entscheidung.
Wer geht, geht auf seinem eigenen Weg weiter. Und das ist gut so.
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